Unser Kirchentagebuch 26

Der Emmausgang!

 

Der heutige Tagebucheintrag ist von:
Pfarrer Rolf Glaser

Ostermontag, 13. April 2020

 

Der Emmausgang! Das Evangelium vom Ostermontag! Da sind zwei unterwegs, ratlos, bis sich der Dritte dazugesellt! Und plötzlich kommt zur äußeren Bewegung, zum „nur weg von hier“, eine innere Bewegung dazu, eine Bewegung in eine neue Richtung! Mit den beiden geschieht eine Wandlung. Der Höhepunkt ist das Brechen des Brotes! „Da gingen ihnen die Augen auf“ und sie sprachen  zueinander: „Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss“.

Wie viele begleitet mich dieses Evangelium seit Kinder- und Jugendtagen. Weggemeinschaft! Ostererfahrung in einer kleinen Gruppe!

Die Theologie kennt den Begriff der „ecclesiola“ – der „kleinen Kirche“ (in Unterscheidung von der großen „ecclesia“. Oft wird darunter die Familie verstanden, als die Kirche im Kleinen. Wir dürfen sie aber auf alle kleinen Glaubensgruppen ausdehnen, im Sinne Jesu: „Wo zwei oder drei beisammen sind….“.  Schließlich war die „Hauskirche“ der erste Versammlungsort der jungen Christengemeinschaft.

Dieses denkwürdige Osterfest im Zeichen von Corona hat uns die „eccesiola“ wieder neu schätzen gelehrt: Glauben Leben, Ostern feiern, in der Familie, in der kleine Gruppe. Auch für uns Seelsorger -zugegeben: leider nur Männer!  – waren die gemeinsamen Feiern in unserem kleinen Kreis von Gründonnerstag bis Ostersonntag eine neue und intensive Erfahrung, ein Erlebnis. Wir haben nicht nur Ostern gespielt, wir haben es gefeiert und miteinander neu erfahren!

Es könnte ein Gewinn dieser Tage sein, dass wir den Wert des Glaubenslebens in der kleinen Gruppe, in der Familie, in der Hausgemeinschaft wieder neu kennen und schätzen lernen. Miteinander Kirche sein im Kleinen. Wo es nicht anders geht: „Singles“, die sich über die Medien miteinander verbinden! Miteinander den Glauben entdecken, miteinander über den Glauben sprechen, miteinander den Glauben feiern! Ein Aufbruch der Kirche im Kleinen, um die Sprachlosigkeit in Glaubensdingen zu überwinden, die Christinnen und Christen oft so kraftlos und schwach daherkommen lässt. Den Glauben zur Herzensangelegenheit machen! Denn, wovon das Herz voll ist, davon fließt der Mund über! „Noch in derselben Stunde brachen sie auf!“ Das wünsche ich uns für unsere Familien, Gruppen und Kreisen – nicht nur in Zeiten wie diese!

Frohe Ostern!
Ihr Pfarrer Rolf Glaser

Bitte,
denken sie auch an die Menschen in ihrer Umgebung, die nicht über einen Internetzugang verfügen und drucken sie das Kirchentagebuch aus und werfen es ihren Nachbarn, Freunden und Bekannte bei einem kleinen Spaziergang in den Briefkasten!
Vielen Dank

6 Gedanken zu „Unser Kirchentagebuch 26

  1. Lieber Rolf,

    Deine Worte erreichen mein Herz. Die intensive Erfahrung, im kleinen Kreis Ostern zu feiern wurde in den beiden Gottesdienstaufzeichnungen (herzlichen Dank, Heinz-Jürgen!) spürbar. Auch wenn Ihr nur ein „Männerkreis“ ward, tat es gut, Euch zu sehen, zu hören und mit Euch am Bildschirm zu beten und zu feiern.
    Bei uns in der Familie und online oder per Telefon mit anderen verbunden war es zunächst ein ungewohntes Tasten und Suchen nach der für alle annehmbaren Form, dann aber auch hier erlebbar, dass unser Glaube uns alle und wir einander tragen. Ich spüre eine größere Sensibilität und Aufmerksamkeit füreinander. Dieses andere, neue Ostern verändert nicht nur den äußeren Rahmen, sondern verwandelt auch das Innere. Und auch mir brennt dabei das Herz in der Brust.

    Frohe Ostern!
    Barbara

  2. Lieber Rolf,
    vielen Dank für Deinen guten Beitrag. Zumal das Emmaus-Evangelium zu einer meiner Lieblingserzählungen gehört. Eines macht mich aber immer wieder stutzig, gerade auch dieses Jahr. Denn gestern hörten wir das Evangelium, in dem es ja auch schon hieß: … sie drehte sich um und sah Jesus, hielt ihn aber für den Gärtner. Und heute heißt es (kurz zusammengefasst): Jesus gesellte sich zu ihnen, aber sie erkannten ihn nicht. Warum konnte weder Maria (Magdalena) noch die Jünger Jesus erkennen? Diese Frage beschäftigt mich schon eine geraume Zeit. Woran liegt es?

    Eine Antwort darauf könnte sein, dass wir Menschen dazu neigen, unser Gegenüber nach dem Äußeren zu beurteilen. Wie der jeweilige Mensch wirklich ist, bleibt uns – meist – verborgen. Nach der Auferstehung Jesu ist diese Möglichkeit der Fehlinterpretation nicht mehr möglich, da Jesus dafür keinen Spielraum mehr zulässt. Jesus kann nur noch in der absoluten Wahrheit erkannt werden. Dies ist für die Menschen, die ja auch viele Vorstellungen und Hoffnungen mit Jesus verbanden, nicht so leicht möglich. Es dauert einige Zeit, bis sie in der Lage sind, Jesus zu erkennen und sich von vielleicht falschen Vorstellungen zu trennen. Vielleicht wäre dies eine Lösung? Vielleicht hast du ja eine andere Erklärung.
    Mit österlichen Grüßen
    Heinz-Jürgen

    1. Lieber Heinz Jürgen, wichtig ist zunächst einmal über die Bedeutung von „Erkennen“ im semitischen und biblischen Sprachgebrauch Bescheid zu wissen. Dort geht es weniger um ein intellektuelles Erkennen, sondern es geht immer um ein Erkennen in existenzieller Bezogenheit – bis hin zu Liebesbeziehung („Adam erkannte Eva“). „Jemanden erkennen“ heißt demzufolge in Beziehung zu jemanden treten bzw. etwas konkret zu erleben. Je intensiver die Beziehung ist, desto konkreter das Erlebnis ist, desto mehr wird erkannt! So erkennt Maria Jesus in dem Moment, als er sie anspricht und mit Namen nennt, d.h. die Beziehung ihren intensiven Höhepunkt erreicht..- Die Evangelien berichten uns immer wieder, dass die Beziehung der Jünger zu Jesus eine gebrochene Beziehung ist. Sie erkennen seine Sendung und Bestimmung nicht (siehe die Leidensankündigungen). Auch die Auferstehungserzählungen knüpfen hier an: Erst nach und nach – in einem Prozess, der verschiedenen Stufen durchläuft – erkennen – die Emmausjünger den Auferstandenen. Am Anfang, so heißt es im Urtext wörtlich, „waren ihre Augen verhindert, ihn zu erkennen“. Erst das „Brennen“ in ihrem Herzen und schließlich das Brotbrechenden schaffen Durchbruch.- Nach Johannes geht das Erkennen ohnehin nur durch den „Paraklet“, den „Beistand“, also den hl. Geist, insofern bist Du mit Deiner Deutung oben ganz nahe dran. Denn der Geist ist es, der nach den Abschiedsreden im Johannesevangelium in die ganze Wahrheit einführt. Was bei den Auferstehungsgeschichten zusätzlich hinzukommt, ist die Beziehung zwischen historischem Jeus und Auferstandenem. Hier gibt es eine Kontinuität bei gleichzeitigen Diskontinuität. „Auf einmal sahen sie ihn nicht mehr!“. Er ist es – und er ist doch anders! Die biblischen Autoren stellen das mit dem Stilmittel des allmählichen Begreifens dar: Der da, der so anders ist, ist doch keine anderer als der, den wir gekannt haben.
      So das war ein wenig Theologie, aber Du hast ja gefragt! Viele Grüße Rolf

      1. Lieber Rolf,
        vielen Dank, dass Du Dir so viel Mühe gemacht hast. Aber über diese Stelle bin ich schon früher gestolpert. Jetzt weiß Bescheid und kann den Text in einem anderen Licht sehen und – vor allem – auch verstehen. Vielleicht hilft das ja auch anderen Lesern.

        Viele Grüße
        Heinz-Jürgen

  3. Vielen Dank für die schönen Gottesdienste.(Wenn auch etwas viel Mann am Altar war.;) ) Besonders hat mir das Entzünden der Osterkerzen gefallen. In dieser Zeit wird man wieder auf das wesentliche der Inhalte in den gekürzten Formen der Gottesdienste zurückgeführt.
    Schön auch die Gedanken und Auslegungen des Emmaus Evangeliums.

  4. Ihr Lieben alle, es tut mir gut Eure Worte und Gedanken auf diesem Weg
    lesen zu können, vieles war mir aus der Seele gesprochen. Es ist wie ich finde,
    eine sehr intensive Form des Austausches, denn wir erfahren erstaunlicher
    Weise durch das getrennt sein mehr voneinander als in den üblichen Gottes-
    dienstbegegnungen.
    Vielen Dank an alle für dieses Geschenk!
    Wäre es nicht eine Bereicherung, solche Auslegungen, Fragen und Anworten
    in der Homepage auch in Zukunft weiter zu führen zu den Sonntagsevangelien
    oder zumindest zu besonderen Feiertagen.
    Christus ist erstanden – er ist wahrhaft auferstanden!
    Usch

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