Das Wochenwort 52

 

Das heutige Wochenwort kommt von:
Ralf Albensoeder, Pastoralreferent

 

Sonntag, 6. Juni 2021

 

Da freue ich mich noch im Nachhinein über den schönen Fronleichnamsgottesdienst mit Freiluftgottesdienst und endlich mal wieder singen.

Darüber, über Freude, kannst du das Wochenwort schreiben, dachte ich mir. Doch da platzt die Nachricht hinein wie eine Bombe:

Kardinal Marx bietet dem Papst seinen Rücktritt an!

Ich trage doch als Bischof eine ‚institutionelle Verantwortung‘ für das Handeln der Kirche insgesamt, auch für ihre institutionellen Probleme und ihr Versagen in der Vergangenheit. Und habe ich nicht auch durch mein Verhalten negative Formen des Klerikalismus und die falsche Sorge um den Ruf der Institution Kirche mit befördert? …Ich bin bereit, persönlich Verantwortung zu tragen, nicht nur für eigene mögliche Fehler, sondern für die Institution Kirche, die ich seit Jahrzehnten mitgestalte und mitpräge.

Da geht mir verschiedenes durch den Kopf:

Zuerst Respekt:

Bei allen Fragen zur persönlichen Schuld, die offen sind, legt er selbstkritisch  den Finger in die Wunde:

 Mit Sorge sehe ich, dass sich in den letzten Monaten eine Tendenz bemerkbar macht, die systemischen Ursachen und Gefährdungen, oder sagen wir ruhig die grundsätzlichen theologischen Fragen, auszuklammern und die Aufarbeitung auf eine Verbesserung der Verwaltung zu reduzieren.

Es geht eben nicht nur um verschwundene Akten und Verschweigen bis zur Verdeckung von Straftaten, sondern auch um das System „Kirche“ das u.a. mit dem Stichwort Klerikalismus beschrieben werden kann, einer Kirche, wo Frauen immer noch nicht viel zu sagen haben.

Nicht umsonst geht es im Synodalen Weg auch um dieses Thema, den Kardinal Marx mit befeuert hat.

Meinen Respekt hat er! Ein Bischof, sogar Kardinal, der sich anders als mancher Amtskollege in voller Verantwortung für die Institution sieht und im langen Nachdenken und Gebet auch eigenes mögliches Versagen sieht

Ich möchte damit deutlich machen: Ich bin bereit, persönlich Verantwortung zu tragen, nicht nur für eigene mögliche Fehler, sondern für die Institution Kirche, die ich seit Jahrzehnten mitgestalte und mitpräge.

 In seinem Pressestatment sagte er, dass Kirche ein Ort der Heilung und Zuversicht sein soll und es bedrücke ihn sehr das „Menschen nicht Heil, sondern Unheil erfahren“ hätten

Nach dem Respekt kommen aber auch die Fragen:

wie geht es weiter dem Synodalen Weg mit der Ökumene, mit Segnungsfeiern, mit dem Aufarbeiten des Missbrauchskandal? Nicht zu vergessen, Kardinal Marx war Mitglied des Kardinalrates von Papst Franziskus. Wittern konservative Kräfte in Deutschland und der Weltkirche jetzt Morgenluft? Hat Thomas Sternberg, der Vorsitzende des Zentralrates der deutschen Katholiken recht, wenn er sagt: „Ich bin tief erschüttert – da geht der Falsche“.

Nach dem Respekt, der Fragen bleibt aber die Hoffnung:

Kardinal Marx schreibt: Ich glaube, dass der ‚tote Punkt‘, an dem wir uns im Augenblick befinden, zum ‚Wendepunkt‘ werden kann. Das ist meine österliche Hoffnung und dafür werde ich weiter beten und arbeiten.“

Wenn wir nicht in 20 Jahren nur noch Verwalter von leeren Häusern sein wollen, die jeden Kontakt mit den Menschen verloren hat, dann müssen wir für diesen Wendepunkt eintreten. auch In Nied, Griesheim und Gallus. Tradition ist nicht bewahren der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.

Teilen wir diese österliche Hoffnung gegen alle Widerstände und Zweifel!

Der Wortlaut des Briefes von Kardinal Marx

 https://www.vaticannews.va/de/kirche/news/2021-06/wortlaut-kardinal-marx-missbrauch-muenchen-amtsverzicht-deutsch.html

 „Wenn viele Menschen sich bereits von der Kirche entfernt haben, dann ist das darauf zurückzuführen, dass die Kirche sich zu weit von der Menschheit entfernt hat. Eine Kirche aber, die die Erfahrungen der Menschen als ihre eigenen verspürt, die den Schmerz, die Hoffnung, die Angst aller, die sich freuen oder leiden, am eigenen Leib verspürt, diese Kirche wird zum gegenwärtigen Christus.“

(Hl. Oscar Romero)