Hirtenwort am Sonntag „Gaudete“

Liebe Schwestern und Brüder im Bistum Limburg!
„Gaudete – Freut Euch!“, so ist der dritte Adventssonntag überschrieben. Der Ernst des
Advents, der traditionell ja eine Fastenzeit war, das Violett als Farbe der liturgischen
Gewänder im Advent wird an diesem Sonntag durch ein freundliches Rosarot ersetzt. Wir
sind eingeladen, uns auf die Ankunft des Herrn zu freuen, denn bis zu seiner Geburt an
Weihnachten ist es nicht mehr weit. Gott wird Mensch. Als Kind wird er in einem
heruntergekommenen Stall geboren und streckt die Hand nach seiner Mutter aus. Er sucht Geborgenheit und findet sie bei Maria und Josef.

Link zum Hirtenbrief als PDFDiese Suche nach Geborgenheit und Sicherheit ist aktueller denn je. Wir haben die Bilder vor Augen, die uns zeigen, dass zurzeit viele Menschen vor Terror, Krieg, Gewalt und Unterdrückung nach Europa fliehen. Sie suchen bei uns Schutz und Geborgenheit. So wie die schwangere Maria und ihr Verlobter Josef klopfen sie bei uns an und suchen eine Herberge und ein neues Zuhause. Machen wir ihnen die Türen auf und heißen sie bei uns willkommen. Als Bistum engagieren wir uns seit mehr als einem Jahr intensiv für den Aufbau einer „Willkommenskultur für Flüchtlinge“. Wir haben Ressourcen zur Verfügung gestellt und versuchen, gemeinsam mit der Caritas und staatlichen Stellen zu helfen und uns dieser Herausforderung zu stellen. Ich weiß, was viele Ehrenamtliche in diesem Bereich leisten und mit wieviel Einsatzbereitschaft, Kreativität und Herzblut sie unterstützen, wo sie nur können. Ihnen allen danke ich von Herzen.

Weihnachten steht vor der Tür. Unter den Flüchtlingen gibt es auch viele Christen. Sie
klopfen vielleicht auch an die Kirchentür in Ihrer Pfarrei. Ich lade Sie ein, die Türen weit zu
öffnen und die Menschen, die kommen werden, erfahren zu lassen, dass uns der Glaube
an den menschgewordenen Sohn Gottes verbindet und Grenzen überwindet. Das meint
Katholisch sein. Wir sind Teil einer weltweiten Gemeinschaft.

Ad-limina-Besuch war Ermutigung

Diese Katholizität durfte ich gemeinsam mit unserem Weihbischof Dr. Thomas Löhr und
etwa 60 anderen Bischöfen aus Deutschland auch beim Ad-limina-Besuch Ende November
in Rom erfahren. Etwa alle fünf Jahre sind die Bischöfe eines Landes in den Vatikan
eingeladen, um in den verschiedenen Kongregationen von der Lage des Glaubens in ihren
jeweiligen Diözesen zu berichten. Der Besuch hat den Charakter einer Wallfahrt zu den
Gräbern der Apostel und macht die Verbundenheit mit den Anfängen und dem Ursprung
unseres Glaubens deutlich. Für mich waren die Begegnungen in Rom wohltuend, anregend und Mut machend. Mehrmals konnte ich unserem Heiligen Vater begegnen und habe ihn mitbrüderlich, authentisch und offen erlebt. Er ist ein Hirte, der seiner Herde nachgeht und ihr realitätsnah und menschenfreundlich begegnet. Er ist auch Lehrer, der sich der Spannung zwischen Wahrheit und Barmherzigkeit stellt und sie auch erduldet.

Die Situation im Bistum Limburg war unserem Heiligen Vater und den Kongregationen gut
bekannt. Sachkundig fragte er mich nach meinen Einschätzungen und nach dem Weg der
Aufarbeitung und Neuausrichtung. Unser synodales Miteinander sowie unser
transparentes und verlässliches Vorgehen in der Zeit ohne Bischof werden gesehen,
anerkannt und wertgeschätzt. Ich bin davon überzeugt, dass das Bistum die nötige Kraft
hat, den Weg hin zu einem neuen Bischof zu gehen. Diese Auffassung wird von den
Bischöfen aus Deutschland geteilt und konnte von vielen Gesprächspartnern im Vatikan
nachvollzogen werden. Deshalb glaube ich, dass nun bald das offizielle Verfahren zur
Besetzung des Bischofsstuhles in Limburg beginnen wird und ich hoffe, dass bis zum
Sommer ein neuer Diözesanbischof ernannt werden kann.

Bei meinem Besuch in Rom habe ich auch mit dem emeritierten Bischof, Dr. Franz-Peter
Tebartz-van Elst, gesprochen. Wie Sie wissen, ist er seit Beginn des Jahres als Delegat im
Päpstlichen Rat für die Neuevangelisierung tätig. In unserem Gespräch ging es um die
Anpassung der Versorgungsordnung. Zum 1. Dezember habe ich eine Ordnung über die
Ruhestandsbezüge für den emeritierten Bischof einvernehmlich in Kraft gesetzt. Analog
zum hessischen Beamtenrecht werden ihm nun die in Limburg geleisteten Dienstjahre
angerechnet.

Die Botschaft des Evangeliums wird heute gebraucht

Mit dem Jahresbeginn wird es in unserem Bistum 30 Pfarreien neuen Typs geben. Damit
ist der Großteil der neuen Pfarreien gegründet. Im kommenden Jahr wollen wir einen
Prozess der „Kirchenentwicklung“ beginnen. Ein Beschluss des Diözesansynodalrates und
die Beratungen in den kurialen Gremien ermutigen mich dazu. Ein einfach „Weiter so“ in
der Pastoral kann es nicht geben, dass spüren Sie auch in den Gemeinden ganz deutlich.
Es muss etwas Neues wachsen, und es soll ein Prozess in Gang gesetzt werden, der
Menschen mitnimmt. Partizipation, Kommunikation und Spiritualität sind in diesem
Prozess wichtig. Als Bistum wollen wir nach den Zeichen der Zeit forschen und Sie im Licht
des Evangeliums deuten. Wir wollen nach Wegen suchen, wie die Kirche von Limburg ihre
Sendung in der heutigen Zeit erfüllen und Zeugnis der Liebe Gottes geben kann. Geplant
ist eine breit aufgestellte, partizipative Bewegung, die die Pfarreien und Einrichtungen, die
Ordensgemeinschaften und die Verbände, die Gruppierungen und alle Gläubigen im
Bistum im Sinne einer lokalen Kirchenentwicklung einbindet.

Einen Masterplan für diesen Prozess gibt es nicht, und unser Planen an einer
Kirchenentwicklung ist noch nicht fertig. Dies drückt sich auch im Begriff der
„Pastoralwerkstatt“ aus. Sie soll im Juni 2016 der große Auftakt für den mehrjährigen
Prozess sein. Die Pastoralwerkstatt soll uns helfen, dass ein gemeinsames Verständnis, wie wir heute und in Zukunft Kirche sein wollen, wachsen kann. Ich bin davon überzeugt, dass wir als Kirche und dass die Botschaft des Evangeliums in unserer Gesellschaft auch heute fraglos gebraucht werden. Zu dieser Gewissheit verhelfen mir viele Begegnungen mit Menschen im Bistum, auch mit solchen, die unserem kirchlichen Leben nicht immer
besonders nah sind.

Heiliges Jahr: Ein Jubiläum der Barmherzigkeit

Am Hochfest der Unbefleckten Empfängnis Mariens (8. Dezember) hat das
außerordentliche Heilige Jahr begonnen. Unser Heiliger Vater hat dieses „Jubiläum der
Barmherzigkeit“ mit der Öffnung der Heiligen Pforte im Petersdom eröffnet. Auch in
unserem Bistum im Limburger Dom, im Bartholomäus-Dom in Frankfurt, in Dietkirchen
sowie an den drei Wallfahrtskirchen in Marienstatt, Kamp-Bornhofen und Marienthal wird
es Pforten der Barmherzigkeit geben. Das Thema der Barmherzigkeit liegt Papst Franziskus sehr am Herzen. „Das ist die Zeit der Barmherzigkeit. Es ist wichtig, dass die Gläubigen sie leben und in alle Gesellschaftsbereiche hineintragen. Vorwärts!“, so schreibt unser Heiliger Vater. Als Kirche sind wir gerufen, die Barmherzigkeit Gottes, das pulsierende Herz des Evangeliums, zu verkünden.

Ganz herzlich lade ich Sie ein, dass Heilige Jahr zu nutzen, um sich geistlich den vielen
Dimensionen der Barmherzigkeit zu stellen. Im Sakrament der Versöhnung können wir die
Barmherzigkeit Gottes in besonderer Weise erfahren. Und als Versöhnte ist es uns leichter
möglich, die Barmherzigkeit und Liebe Gottes in die Welt zu tragen. Vielleicht haben Sie
Gelegenheit an einer Wallfahrt teilzunehmen, die von Verbänden, Pfarreien oder auch
vom Bistum angeboten werden. Auf jeden Fall bitte ich Sie darum, das Anliegen des
Heiligen Jahres durch Ihr Gebet zu begleiten.

Ihnen allen wünsche ich eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit. Für Sie und für alle,
die Ihnen am Herzen liegen, erbitte ich den Segen Gottes im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Ihr
+ Weihbischof Manfred Grothe
Apostolischer Administrator