Stellungnahme des Katholischen Stadtsynodalrates Frankfurt am Main und der Stadtversammlung der Frankfurter Katholiken zur MHG-Studie und zur bisherigen Verweigerung des „Nihil obstat“ für die Tätigkeit von Pater Wucherpfennig SJ als Rektor von Sankt Georgen
Mit der MHG-Studie wird das unvorstellbare, zutiefst schockierende Ausmaß des sexuellen Missbrauchs durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige auch in Deutschland sichtbar. Laut der Studie wurde und wird dieser Missbrauch, der auch und in erster Linie ein Machtmissbrauch ist, durch die hierarchischen, autoritär-klerikalen Strukturen der katholischen Kirche begünstigt.
Das Bistum Limburg und die Deutsche Bischofskonferenz erklären, dass sie diese Schuld annehmen und aufarbeiten wollen. Das genügt nicht. Eine Aufarbeitung für und mit den Betroffenen ist nur ohne Tabus und mit Hilfe externer Fachkompetenz möglich. Gerade im Respekt vor den Opfern muss diese über die notwendigen und zu verstärkenden Maßnahmen zur Prävention, Entschädigung und Sanktion hinausgehen.
Um Machtmissbrauch in der katholischen Kirche zukünftig zu verhindern, müssen auch die klerikalistischen Strukturen der katholischen Kirche zur Disposition gestellt werden. So auch mögliche Änderungen hinsichtlich Pflicht-Zölibat, Frauen im Diakonat und auch Priesteramt. Die Einstellung der Katholischen Kirche zur Sexualität allgemein und der Homosexualität im Besonderen muss endlich kritisch, ergebnisoffen und transparent
diskutiert werden.
Fassungslos stellen wir fest, dass die katholische Kirche trotz des heute vorliegenden Wissens, diese Diskussion, die existenziell für unsere Kirche ist, noch immer zögerlich und voller Vorbehalte führt und damit alte Machtstrukturen schützt. Dies wird einmal mehr an dem Beispiel der für uns in keiner Weise nachvollziehbaren bisherigen Weigerung
des Vatikans deutlich, dem Rektor der Hochschule St. Georgen, Jesuitenpater Prof. Dr. Ansgar Wucherpfennig SJ die Unbedenklichkeitserklärung, das „Nihil obstat“, zu erteilen.
Wir sind dankbar für die eindeutige Positionierung des Limburger Bischofs, Dr. Georg Bätzing, des Provinzials, Pater Johannes Siebner SJ, und des Frankfurter Stadtdekans, Dr. Johannes zu Eltz, die Pater Wucherpfennig SJ uneingeschränkt stützen.
Die Stadtversammlung der Frankfurter Katholiken und der Frankfurter Stadtsynodalrat
schließen sich dieser Auffassung vorbehaltlos an. Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen – wie Pater Wucherpfennig SJ – in der katholischen Kirche Nachteile oder gar Repressalien fürchten müssen, wenn sie bereit sind, sich mit den verschiedenen Lebenssituationen
und Lebenswirklichkeiten insbesondere von jungen Leuten und Minderheiten auseinanderzusetzen. Es ist gerade Aufgabe von Theologinnen und Theologen, aktuelle Lebenssituation mit der theologischen Vielfalt der biblischen Texte und der kirchlichen Traditionen in Bezug zu setzen und diese angemessen wissenschaftlich zu
bearbeiten.
Wir hoffen sehr, dass der Vatikan im Geiste der von den katholischen Bischöfen in Deutschland derzeit so laut angekündigten vorbehaltlosen Überprüfung ihrer klerikalen Grundlagen seine Entscheidung bzgl. Pater Wucherpfennig SJ überdenkt und dieser weiter als Rektor an Sankt Georgen arbeiten kann. (ist inzwischen geschehen, siehe -> Meldung der Frankfurter Rundschau vom 15.11.2018, Anmerkung von Heinz-J. Herbert) Nur wenn die katholische Kirche bereit ist, die gewonnenen Erkenntnisse über die kirchlichen Missstände umzusetzen, klerikalistische Strukturen kritisch, offen und transparent zu beleuchten und konkret zu verändern, kann sie Glaubwürdigkeit zurückgewinnen und wieder „ein Zuhause“ sein.