„Neu. Leben“! Lieber Rolf (gemeint: Pastoralreferent Rolf Müller), keine Angst ich vergreife mich nicht an Deinem geistigen Eigentum! Aber ich habe weder etwas gemalt noch gebastelt. Meinen Beitrag zu der von Dir initiierten Aktion möchte ich gerne durch diese Osterpredigt beisteuern!
„Neu.leben!“ Schön, wenn es so einfach wäre! Wir geben „neu. leben“ in die Tastatur unseres PC oder Lap-Top oder Tablets oder unseres „eye-phone“ ein und da finden wir die Anleitung, der wir nur folgen müssen. Ganz easy! So geht Auferstehung!
Abe so easy ist es nicht! jedenfalls nicht, wenn es um die Auferstehung geht. Betrachten wir unser Markusevangelium! Bekanntlich ist das Grab mit einem schweren Stein verschlossen. Die Frauen sind nicht in der Lage, ihn weg zu wälzen. Man könnte auch sagen, die Botschaft von der Auferstehung, sie ist verschlüsselt! Und keinen kennt den Zugangscode! Wie kommt man nur hinein in die Botschaft von der Auferstehung –neu.leben?“ Da macht sich erst einmal Ratlosigkeit breit. Und doch versuchen wir es, wie die Frauen am Ostermorgen. Und es geht uns wie ihnen: Der Stein ist bereits wegewälzt. Was Menschen nicht vermögen, das vermag Gott. Der Stein ist weg! Und schon ist da ein neues Problem: Jesu ist auch weg!
Er ist nicht hier! Ihr sucht hier vergebens! Die Datei ist nicht auffindbar! Vielleicht wurde sie verschoben!
Wo finden wir den Auferstandenen? Und noch wichtiger: was hat seine Auferstehung mit uns zu tun? Seine Auferstehung wäre letztlich für uns ohne Bedeutung, blieben wir selbst im „lock down“ des Todes! „Neu.leben“ wie geht das.
Für manche verbindet sich mit diesem Stichwort die Erwartung, dass alles wieder so ist wie vorher! Das alte Leben wiederaufnehmen! Das ist ja auch gar nicht so verkehrt! Endlich wieder Freunde treffen! Verwandte besuchen! Sport ohne Beschränkungen! Auf der Terrasse des Lieblingsrestaurants sitzen. In die Oper, ins Konzert, ins Kino gehen! Kein Stress mehr dabei, Arbeit und Kindererziehung unter einen Hut zu bringen.
Das passt zu dem Hinweis des Engels: „Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat“. Erinnerung an das alte Leben. Galiläa, da waren die Jünger mit Jeus zusammen. Da waren sie glücklich! Also auf, nach Galiläa! Alles soll so sein wie vorher!
Aber ist es da wirklich schon? Soll das alles gewesen sein? Das Aufleben des Alten! Auferstehung als Wiederbelebung? Das neue Leben als weiterleben! Weiter so?
Aber war da nicht noch etwas? Gab es da nicht noch eine Kreuzigung? „Ihr sucht Jesus den Gekreuzigten!“ Auch da gehört zur Wahrheit: Das frühere Leben mit Jesus ist durchkreuzt! Der Auferstandene ist und bleibt der Gekreuzigte. Das Kreuz ist mehr als nur ein Zwischenspiel! Das Kreuz hat auch das frühere Leben und Zusammenleben durchkreuzt. Die alte Erfahrung kann nur als durchkreuzte Erfahrung zu neuen Erfahrung werden. Das alte Leben wird nur als durchkreuztes Leben zum wirklich neuen Leben werden. Kein Weiter so! Kein „die Karawane zieht weiter!“ Etwas radikal Neues fängt an, wenn eine Erfahrung österliche Erfahrung genannt zu werden verdient! Vergessen wir dabei ja nicht, an Ostern wird der Weg Jesu von Gott bestätigt, nicht einfach unser Weg!
So werden österliche Menschen nicht einfach so weitermachen wie vorher. Wenn die Pandemie eine Erfahrung des Kreuzes, eine Erfahrung des Todes war, dann kommen wir an der Frage nicht vorbei, wie wir eine solche Erfahrung – als durchkreuzte Erfahrung -in unser zukünftiges Leben integrieren können. Wie können wir die Kultur des Todes überwinden und dadurch zu einem wirklich neuen Leben gelangen? Wie können wir unser Leben so ändern, das wir durch Raubbau an Flora und Fauna nicht neue Pandemien geradezu heraufbeschwören (die schon im Hintergrund lauern!)? Wie können wir das, was wir in der Krise gelernt haben, in das neue Leben integrieren? Verantwortung füreinander! Aufeinander Rücksicht nehmen! Sich umeinander sorgen und sich gegenseitig unterstützen! Auf Dinge verzichten, die wir nicht wirklich brauchen. Und das abstellen, was unser Leben und das Leben anderer in Gefahr bringt.
Dann werden wir spüren: Auferstehung ist möglich! Es „geht.anders“. Kirche der Compassion! (Kirche der Mitleidenschaftlichkeit!) Kirche des neuen Lebens! Kirche der Opfer, nicht der Täter! Leidenschaft für die Menschen, für eine neue Gesellschaft! Leidenschaft für die Schöpfung, für eine neue Welt! Leidenschaft für den Gott, der mitleidet! Neu leben – eben. Amen
Rolf Glaser