Onkel Bernhard, komm lass uns Krieg spielen …

Am Sonntag, dem 1. September 2019 hielt Pfarrer Rolf Glaser in Mariä Himmelfahrt einen Gedenkgottesdienst zum Ausbruch des 2. Weltkriegs.

Vor genau 80 Jahren, am 1. September 1939 begann mit dem Überfall auf Polen der 2. Weltkrieg, der im Verlauf 60 Millionen Menschen das Leben kostete und unsagbares Leid brachte.

Dazu passte die Geschichte von Gudrun Pausewang „Krieg spielen“, in der sehr eindringlich die Schrecken des Krieges dargestellt wurde. In dieser Geschichte will der kleine Florian, dass Onkel Bernhard mit ihm Krieg spielt. Onkel Bernhard hat den Krieg selbst erlebt und dabei einen Arm verloren. Er ist zunächst wenig begeistert von dem Vorschlag.

Als Florian ihn aber immer wieder  darum bittet und die Vorteile eines Krieges aus seiner Sicht schildert, willigt Onkel Bernhard schließlich ein und sie gehen nach draußen. Dort zeigt Onkel Bernhard dann sehr eindringlich, wie sich Krieg anfühlt. Florian muss sich in nasse Erde werfen, in Wasser abtauchen, wird dreckig, alle seine Verwandten kommen bei Luftangriffen ums Leben, seine Schwester wird verschüttet. Langsam dämmert es Florian, was Krieg tatsächlich bedeutet, er weint und bittet seinen Onkel, das Spiel zu beenden.

Florian musste also, wie viele, die damals voll Begeisterung in den Krieg zogen, lernen, dass Krieg kein Spiel ist, sondern harte Realität. Hier gibt es nur Verlierer, keine Gewinner.

In seiner Predigt nahm Pfarrer Rolf Glaser das Thema dann noch einmal auf und warnte  eindringlich davor, die Geschichte doch endlich ruhen zu lassen. Dabei zitierte er den Ausspruch von Gauland, dass diese Episode ein Fliegenschiss der Geschichte war. Aber dieser Fliegenschiss  kostete 60 Millionen Menschen das Leben.

Das darf nicht vergessen werden, daher brauche man eine Kultur der Erinnerung, damit eine solche Katastrophe nicht noch einmal passiert. Keine Erinnerungsrituale, sondern eine Erinnerung, die aufrüttelt und das Leid der Menschen an sich heran lässt. Krieg und Gewalt gibt es immer noch. Das Gedächtnis der Menschheit für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz, ihre Vorstellungskraft für bevorstehende Leiden sei noch kürzer, so Berthold Brecht.

Erinnerung und Wachsamkeit sei die Medizin gegen das Vergessen. Dazu gehöre auch Gleichgültigkeit zu überwinden und die Zeichen der Zeit zu erkennen. Gewalt fängt immer da an, wo das Recht der Menschen mit Füßen getreten wird.

Nach dem Credo wurde zum Gedächtnis an die vielen Toten des 2. Weltkrieges mit dem Läuten der Totenglocke gedacht.

In den Fürbitten wurde der 55 Millionen Toten im Krieg, der 20 Millionen Zivilisten, die im Krieg bei Luftangriffen, Vertreibung, Deportation und Flucht gestorben sind, der 6 Millionen Juden in Arbeits- und Konzentrationslager und der 3 Millionen Vermissten, gedacht. Aber auch der vielen Männer und Frauen, die heute noch unter Terror und Krieg leiden wurde gebetet.

Eine Frage blieb noch offen: wie kann eine solche Katastrophe überhaupt zustande kommen? Pfarrer Rolf Glaser deutete es schon in seiner Predigt an: immer wenn das Recht des Menschen mit Füßen getreten wird, fängt Gewalt an. Diese Gewalt ist nicht von jetzt auf gleich da, sie wird still und heimlich hoffähig gemacht mit Äußerungen wie „Das wird man doch noch sagen dürfen“, mit Hass gegen Andersdenkende, mit zunächst kleinen Pöpeleien. In kleinen Schritten ist die Gewalt dann da …

Vorbereitet wurde dieser eindringliche Gottesdienst von unserem Liturgieausschuss, vertreten durch Frau A. Polten und M. Kottemer und Pfarrer Rolf Glaser. Musikalisch begleitetete unsere Band Faith den Gottesdienst.