Am Dienstag, dem 22. Dezember 2020 um 6:30 Uhr feierten wir die 3. und damit letzte Roratemesse in Mariä Himmelfahrt.
Wegbereiter im Advent – Josef als Hörender
Dieser letzte Abschnitt wurde gestaltet von M. Nöll und B. Schumak, vorgetragen von M. Kottemer und C. Huber.
Einleitung:
Wir leben in einer Welt. Überall bauen wir nun wieder Krippen auf in unsere Kirchen und Häusern. Wir holen die Figuren heraus, stauben sie ab und stellen sie auf – so wie es sich gehört. Und da wissen wir doch ziemlich genau, welche Figur wo ihren Platz hat.
In der Mitte des Stalls oder in der Höhle muss die Futterkrippe stehen, mit dem Jesuskind drin. Maria, die Mutter, die steht links daneben, kniend, manchmal auch sitzend. Und auf der anderen Seite dann Josef, meist schon ein älterer Mann mit Bart. Einen Stab und eine
Laterne hat er in der Hand. Ab und zu darf er sich in Beschützerhaltung hinter seine Frau und das Kind stellen. Die kleine Familie ist damit schon fertig – sofern wir Ochs und Esel nicht zur Familie zählen wollen.
Nun wie geht es Ihnen, wenn Sie in so eine klassische Krippe schauen?
Wenn wir eine heutige Mutter, einen Vater und ihr kleines Kind zu einer Figurengruppe frei aufstellen würden, wie sähe das aus? Welchen Platz bekäme da die Mutter? Bei wem wäre das Kind? Und wie und wo müßte der Vater sein?
In der hl. Schrift ist von Josef die Rede: als Begleiter, Beschützer und Ernährer. Und heute: Welche Eigenschaften und Fähigkeiten braucht ein Mann und Familienvater denn heute?
Kyrie:
Josef war ein Hörender.
Wir leben in einer Zeit, die laut ist und ablenkt.
Herr, erbarme dich unser
Josef war ein Träumender.
Wir leben in einer Welt, die die Träumer verachtet, die beinhart kalkuliert und die Macher bevorzugt.
Christus, erbarme dich unser.
Josef war gerecht.
Wir leben in einer Gesellschaft, die immer mehr Menschen ausgrenzt und alleine läßt.
Herr, erbarme dich unser.
Impuls:
Lieber heiliger Josef,
heute möchte ich mich einmal ausdrücklich an dich wenden. Das wird dich wundern, denn das bist du sicher nicht gewohnt. Bei dir, seien wir doch ehrlich, drehte sich immer alles um Mutter und Kind. Dich hat vermutlich nie jemand gefragt, wie es dir geht. Eigentlich hast Du auch für mich bislang keine große Rolle gespielt. Irgendwann bin ich aber auf diese alten Weihnachtsbilder gestoßen und da ist es mir aufgefallen. Jahrhunderte lang steht im Zentrum die Mutter Gottes mit ihrem Kind, eingerahmt durch die Geburtsgrotte oder später durch einen Holzstall. Und Du sitzt immer irgendwo weit ab davon, am Rande, meist den Kopf in die Hände gestützt. Du machst den Eindruck, als ob Du nicht wüsstest, was Du da eigentlich verloren hast. Es scheint, als ob Du mit dem Geschehen nichts zu tun hast, nichts zu tun haben darfst.
Lieber Josef, wenn wir ehrlich sind, warst Du in unserer kirchlichen Tradition nur wichtig, wenn es um das Arbeiten und Nähren ging. Ist das nicht ein Bild von Männern, das heute noch in Kirche und Gesellschaft am Werk ist? Sind diese Bilder von Dir nicht auch Bilder dafür, wie die Kirche heute noch die Männer gerne hätte? Brav und folgsam, pflichtbewusst und duldend und nicht zu sehr auf Sex bedacht? Kennst Du eigentlich selber die kirchlichen Litaneien, die zu Deinen Ehren immer wieder gebetet wurden? Du gerechter Josef
Du keuscher Josef,Du weiser Josef,Du starkmütiger Josef,Du gehorsamer Josef,Du getreuer Josef,Du Spiegel der Geduld,Du Freund der Armut,Du Vorbild der Arbeiter,Du Zierde des häuslichen Lebens,Du Beschützer der Jungfrauen,Du Stütze der Familien,Du Trost der Bedrängten.
Das sind schöne Eigenschaften, aber es fehlt eben viel von dem, weswegen Männer sich für
männlich halten. Es fehlt im übrigens auch einiges von dem, was Männer für Frauen attraktiv macht. Männer möchten eben stark und mutig und nicht nur starkmütig sein!
Ich weiß nicht, ob Du das mitkriegst, aber dieses einseitige Bild finden wir nicht nur in der Kirche, sondern auch in vielen Familien: Väter, die abseits und am Rande stehen, Väter, die in ihrer Familie kaum noch eine Rolle spielen, manche freiwillig, manche unfreiwillig.
Dabei wissen wir doch, wie sehr die Kinder ihre Väter bräuchten, wie groß die Sehnsucht der Söhne und Töchter nach ihren Vätern ist. Ich bin mir sicher, Josef, auch wenn man Dich heute nur noch als Nährvater bezeichnet, Du hast dem kleinen Jesus mehr gegeben als nur zu essen. Dennoch ist das Schweigen der Väter immer noch groß:
Es ist das Schweigen jener Väter, die ohne gutes männliches Vorbild aufgewachsen sind und nie gelernt haben, mit Zärtlichkeit, Gefühlen, Spiel und Kindern umzugehen. Sie lieben stumm und hilflos, weil sie keinen Ausdruck finden.
Es ist das Schweigen jener Väter, die nicht die Kraft und Einsicht haben, sich in die Beziehung von Mutter und Kind einzumischen. Sie glauben alsbald selbst, dass sie alles nur falsch machen und zur Kindererziehung nicht geeignet sind. Dann merken sie irgendwann, dass sie daheim nur noch eine Nebenrolle spielen und zunehmend verstummen.
Es ist sicher auch das Schweigen ignoranter Väter, die nicht wissen, wie wichtig sie wären, das Schweigen jener Väter, die glauben, es reicht mit Kinderzeugen und Geldverdienen.
Und es sind jene Väter, die geschieden sind, die nicht selten nur noch zahlen dürfen, die oft auch resignieren und sich zurückziehen. Sie schweigen, aber sie leiden am schlechten Gewissen gegenüber den Kindern, und sie leiden auch, weil ihnen die Kinder unsäglich fehlen.
Lieber Josef, Du bist der Mann am Rande, im Schatten, der Mann der schweigenden Hilfe, der Mann in dessen Leben Gott dauernd eingreift mit neuen Weisungen und Sendungen. Du bist der Mann, der dient. Das ein Wort Gottes bindet und sendet, das ist dir selbstverständlich.
Wo bleibt dieser Mensch, der von Gott als sein Bild gedacht ist… ja, wo bleibt Gott selbst in diesen Menschen, in mir? Nehme ich ihn und seine Stimme, die mich immer wieder herausruft, überhaupt noch wahr?
Und selbst wenn ich seine Stimme in mir vernehme, beginne ich doch erst einmal mit ihm zu handeln, alles abzuwägen, was er mir sagen möchte. Ob das mit meinen Vorstellungen und Erwartungen zusammenpasst? Und schon bin ich dabei, ihm meine Bedingungen vorzuhalten. Und im gleichen Atemzug bete ich voller Inbrunst das Vater unser: „Dein Wille geschehe, …“
Vielleicht kannst Du uns dabei helfen, uns wieder bewusster und tiefer auf Gottes Stimme zu hören und seinen Ruf zu folgen. Du warst kein Mann der großen Worte und immer bescheiden im Hintergrund. Du warst umso mehr ein Hörender, der nicht lange hinterfragt, sondern der Stimme Gottes Taten folgen ließest.
Du warst sicher auch kein gebrechlicher Greis, so wirst Du uns aber oft beschrieben. Das was Du geschafft hast verlangt einen leistungsfähigen, mutigen und besonnenen Mann.
Mach uns Mut vom Herrn ein hörendes Herz zu bitten, dass wir aufstehen und uns einmischen, dass wir ins Bild gehen und unsere Verantwortung wahrnehmen, dass wir unseren Mann stehen und das Kind in den Arm nehmen.
Lieber Josef, wie wäre es, wenn Du Dich als Patron für uns alle, nicht nur für die Männer und Väter stark machst? Ich bin überzeugt, Du weißt aus Deiner eigenen Erfahrung wofür…
Lass uns also Hörende sein, die seiner Stimme folgen und sich darum bemühen, immer mehr vertrauensvoll nach seinem Willen zu handeln.
Lieber Hl. Josef, bitte für uns!
Die Rorategottesdienste wurden musikalisch durch Herrn Udo Lorenz gestaltet. Hierfür sagen wir ein herzliches Dankeschön.