Unser Kirchentagebuch 21

Liebe Leserinnen und Leser,

 

Der heutige Tagebucheintrag ist von:
Harald Stuntebeck, Pastoralreferent

Mittwoch, 8.4.2020

 

Heute erreichte mich eine E-Mail in Pax&People,

eine der in Pax&People engagierten Frauen bat mich um Unterstützung. Sie engagiert sich für die Flüchtlinge, die zur Zeit im Lager auf der griechischen Insel Lesbos unter menschenunwürdigen Umständen leben. Sie dürfen das Lager nicht verlassen und dürfen nicht ausfliegen, um in anderen Ländern Aufnahme zu finden. Inmitten der Corona-Auswirkungen gehen solche Notstände  schnell unter. Ich erinnerte mich an die Demonstration am Mainufer mit 2 Meter Abstand, die am vergangenen Sonntag stattfand. Die Frankfurter Rundschau berichtete am 7.4.2020 , dass sie aufgelöst wurde. Es wurde mir bewusst, wie schnell in der Corona-Krise andere wichtige Anliegen und Ereignisse ganz aus dem Blickpunkt verschwinden. Ja, selbst wenn es Menschen gibt, die sich engagieren.

Ist es möglich, In diesen Tagen, in denen viel Nachbarschaftshilfe geleistet wird diesen Blick weiter reichend aufrecht zu erhalten und immer wieder neu anzufangen, neue Wege suchend? Oder ist das einfach eine Überforderung?

Frére Roger Schütz, der Gründer der Brudergemeinschaft von Taizé, hat in seinem Leben viele Krisen durchlebt, in der Familie, im Krieg und auch später in Taizé. Er schreibt:

 „… das christliche Leben ist nichts anderes als Neubeginn, ein tägliches, ja manchmal stündliches Zurückkehren in die Gnade dessen, der nach jedem Versagen verzeiht, um alle Ding neu zu machen.“

(Frère Roger, Im Heute Gottes Leben, S. 43)

Als Frére Roger Schütz 1940 nach Taizé kam, ließ er sich dort allein nieder und nahm in seinem Haus Flüchtlinge auf. 1942 wurde das Haus von der Gestapo geräumt. Der Rückschlag hätte das Ende des Weges in Taizé sein können. Aber hier zeigte sich, aus welcher inneren Kraft Frére Roger lebte. Es war nicht nur ein idealismus. Es war eine Haltung, die er später „Vertrauen“ nannte. Ein Vertrauen, dass Gott gerade in Krisenzeiten da ist. Diese Erfahrung wurde auch in den vielen Jahren danach zu einem wichtigen Punkt für die Begegnung der Menschen in Taizé. Diese Haltung half Brücken zu bauen über die verschiedensten Grenzen des Lebens hinweg. Es ist in Geist des Vertrauens, der Taize auch heute noch spürbar prägt.

Vielleicht kann uns diese Erfahrung von Frére Roger auch in den heutigen Tagen Hilfe und Kraft geben: den Kopf oben zu behalten, mit dem Blick für sein eigenes Lebensumfeld und darüber hinaus,  bis nach Lesbos, bis nach…

Harald Stuntebeck

PS: Ich habe einen Link zugesendet bekommen, von einem Hilfswerk das in Lesbos hilft, wer mag kann sich dort informieren https://mission-lifeline.de/gefangen-in-lesbos/

 Eine Bitte:

Nicht alle unsere Gemeindemitglieder haben die Möglichkeit, unser Tagebuch online zu verfolgen. Falls Sie jemanden kennen, der nicht im Internet ist: Drucken Sie den Text aus und bringen sie ihn (vielleicht bei einem Spaziergang?) vorbei.

Vielen Dank!

2 Gedanken zu „Unser Kirchentagebuch 21

  1. Vielen lieben Dank für die heutigen Gedanken, die viele schöne Erinnerungen an meine Reisen nach Taizé wecken.

  2. Lieber Herr Stuntebeck,

    ganz herzlichen Dank für diesen Beitrag! Auch mir gehen die Schicksale der Flüchtlinge in den Lagern (nicht nur) jetzt in der Coronakrise besonders nahe. Mir wird dabei deutlich, wie gut es uns hier noch geht. Wir haben allen Grund dafür, dankbar und deshalb auch solidarisch zu sein. Die Bruderschaft von Taizé gibt uns hier ein gutes Vorbild. Der Geist, der bei einem Aufenthalt dort so deutlich spürbar wird, hat mich immer nachhaltig und lange nach meiner Rückkehr getragen. So kann gutes Leben und Gemeinschaft gelingen, – im Vertrauen darauf, dass Gott an unserer Seite ist.

    Danke auch für den Hinweis auf die Mission Lifeline!

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